Unser Zuhause

Wir leben und wachen auf dem Kastanienhof in Steimel-Sensenbach, das ist ein kleiner Ortsteil eines alten Westerwälder Dorfes.

"Wo in aller Welt ist das?" werden Sie sich fragen und das tat auch ich, Nanu von der Zirbelnuss auch, als ich am 26.12.2008 Augsburg, meiner Mutter und Geschwistern, Tante, Cousins und Cousinen und nicht zuletzt meiner Züchterin ade sagte und mit dem tiefen Vertrauen, dass ich etwas Besseres als den Tod überall finden würde, Richtung Nordwesten fuhr, die A3 bei Dierdorf verließ, über Urbach und Puderbach Richtung Hachenburg nach Steimel fuhr und dort in Sensenbach auf dem Kastanienhof einzog.

Unseren Hof darf man sich nicht als alten Bauernhof vorstellen. Ich wohne in einem modernen Fachwerkhaus mit Fenstern und Glastüren, die bis auf die Erde reichen und mir einen idealen Überblick in alle vier Himmelsrichtungen verschaffen.

Das fand mein Hundetrainer nicht so prickelnd und er schlug meinen zweibeinigen WG-Mitgliedern vor, die zur Erde reichenden Glasflächen auf 1,50 m abzukleben, um meine territoreale Entwicklung zu stoppen. Nun haben meine Leute ja Gott sei Dank noch einen Rest Verstand in der Birne oder vielleicht waren sie auch nur zu faul, so viel Glas zu verhüllen, jedenfalls blieb mein Ausblick bis heute ungetrübt.

Nanu - der Hofhund

Es ist der Job eines Schnauzers, Haus und Hof zu bewachen. Nimmt man ihm die Möglichkeit dazu, gleicht das einer Kastration seines Wesens.

Ich bin nicht nur Schutzengel über Haus und Hof, ich habe eigentlich auch die hoheitlichen Aufgaben unseres Ortsbürgermeisters übernommen. Morgens mache ich die Runde durchs Dorf, kontrolliere die interessanten Komposthaufen, begrüße meine Freunde, die dann schon wach sind und komme irgendwann mit der ein oder anderen Morgengabe zurück, um mein Frauchen zu wecken. Meist freut sie sich, wenn ich ihr aber die besonderen Schätze neben das Ohr lege, schreit sie manchmal laut auf und ekelt sich. Solche Reaktionen entziehen sich vollständig meinem Verständnis, deshalb behalte ich die tollsten Funde oft selber und vergrabe sie auf dem Hof (siehe Hobby und Schatzkästchen).  

Dieses autarke Leben auf dem Kastanienhof änderte sich leider, als meine Tochgter Amirai flügge wurde und wir nicht mehr im Mutter-Tochter-Verbund durch Sensenbach streiften, sondern Amirai auch so ihre eigenen Touren unternahm. Zwei schwarze Schnauzer, die ein Dorf unsicher machen, das wurde vielen unheimlich, vor allen auch unseren Zweibeineltern und so wurde unsere Freiheit, um die uns viele Artgenossen wahrlich beneideten, drastisch beschränkt. 7000 qm Kastanienhof, Herrchens Praxiastouren, Frauchens Kleintierklinik und zweimal in der Woche Hundeschule, ab und zu ein Spaziergang mit Mäusebuddeloption, aber das war es dann auch. Ja, das Familienleben fordert Opfer, das einer allein erziehenden Mutter erst recht.

Amirai/ Nanu April 2014: Kräfte messen - auch das ist Erziehungsarbeit

Amirai von der Märchenmühle jetzt Prinzessin zu Feldkirchen

 

Amirai begann im Frühjahr 2022 ziemlich aggressiv und für uns ohne erkennbaren Grund, Corazón zu attackieren.
Im Verlauf der nächsten 3 Monate wurden die Angriffe zahlreicher und aggressiver, die Abstände zwischen zwei Beißereien immer kürzer und Corazón begann sich zu wehren, ich musste immer häufiger chirurgisch zur Tat schreiten, mal mit Narkose Lidrandverletzungen nähen, mal unter Lokalanästhesie große und kleine Risslappenwunden bei allen beiden Hunden flicken.
Ich selber wurde zweimal ernsthaft gebissen,  von wem weiß ich gar nicht, es galt nicht mir, sondern dem vierbeinigen Gegenüber. Auch Feliz geriet einmal zwischen die Fronten, immer fing Amirai aus dem Nichts heraus mit diesen Kämpfen an, aber Corazón wehrte sich zusehens mehr. Vielleicht dachte sie, nach der Geburt ihrer Kinder sei sie schließlich nun auch mal wer!
Lange glaubte ich, die Rangordnungsprobleme lösen zu können, aber ich traute mich kaum noch aus dem Haus, wir fingen an, die beiden Hündinnen zu trennen, ich diskutierte viel mit befreundeten Züchterkolleginnen und ich wurde immer nervöser, schlief kaum noch, wollte den Hof nicht mehr verlassen, wenn Freunde nicht zu uns kamen, wir besuchten niemanden mehr, es wurde einsam in der Märchenmühle.
Der letzte Kampf der beiden Hündinnen endete mit Verletzungen im Bereich der großen Halsgefäße bei Beiden und danach holte ich mir R<at bei einem befreundeten Hundetrainer, der 2 Stunden Amirai und Corazón beobachtete und mir danach ein Bild beschrieb: "Du befindest dich in einem Tunnel, der ist eine Einbahnstraße, es gibt keinen Weg zurück, und am Ende findest du einen oder beide Hunde tot. Willst du darauf warten?"
An diesem Tag sah ich auf dem Arbeitsplan meines Mannes den Namen eines grünen Parteikollegen aus dem Kreisverband Neuwied, Martin behandelt seine Pferde. Ich schrieb mir die Handynummer auf einen Zettel und telefonierte am Nachmittag mit ihm. Von Martin wusste ich, dass er unsere Schnauzer toll fand und schon mal gesagt hatte, wenn er denn seine Rente durch hätte, wäre ein Schnauzer ein toller Gefährte für ihn. 
Ich schilderte Hendrik mein Dilemma, er sagte ziemlich kurz entschlossen, er müsse das natürlich noch mit seiner Frau besprechen, aber er könne sich gut vorstellen, dass sie beide heute Abend noch zu uns kämen, um sich Amirai anzuschauen.
Zu der Zeit hielten wir schon Amirai und Corazón im Haus getrennt, eine schreckliche Situation, für mich kaum zu ertragen.
Am Abend kamen Hendrik und Heike, blieben bis weit nach Mitternacht, baten sich noch Bedenkzeit bis zum Morgen aus und sagten uns, sie freuten sich, Amirai ein Einzelhund-Zuhause zu geben.
Zwei Tage später packte ich Amirais Körbchen, Futter- und Trinknapf, Leckerchen und Lieblingsspielzeug in mein Auto und fuhr mit meiner Tochter und meinem geliebten Hund zu Hendrik und Heike, die es innerhalb von 48 Stunden geschafft hatten, mit einem Palettenzaun ihr Grundstück zur Straße hin ausbruchssicher zu machen.
Wir nahmen uns viel Zeit für die Übergabe meiner ältesten Hündin, ich hätte es nie für möglich gehalten, eine solche Entscheidung zu treffen. Aber die Gefahr, Corazón abzugeben und das gleiche Desaster mit Amirai und Feliz erneut erleben zu müssen, war einfach zu groß. Feliz ist eine lebhafte, muntere, wilde und ungestüme Junghündin, eine Wiederholung des Aggressionsmusters war nicht unwahrscheinlich.
Ein Jahr lebt Amirai jetzt mit ihren Pflegeeltern als glücklicher Einzelhund, 20 km von uns entfernt, in Neuwied.
Wenn ich sie besuche, freut sie sich ein Loch in den Bauch, ich komme ja auch immer mit Leckerchen, aber ich glaube, das ist nicht die Hauptsache, ich bin schon noch eine zentrale Person in ihrem Leben, aber sie bleibt bei Hendrik und Heike, wenn ich wieder gehe, und das ist wichtig für mich zu wissen.
Natürlich fließen auf jeder Heimfahrt die Tränen, auch jetzt, wenn ich diese Zeilen schreibe, aber ich weiß, es war die einzig mögliche und damit richtige Entscheidung in dieser Situation. 
Ich möchte es mit niemandem diskutieren, ob es in Ordnung ist, die Zuchthündin, die als erste "von der Märchenmühle" im Zwingernamen führte, 9-jährig abzugeben, aber ich weiß, dass sie als Einzelhündin wieder ein glückliches Leben hat, sie ist jetzt die Prinzessin in einem kinderlosen Haushalt und die neuen Herrchen und Frauchen lieben das letzte Kind mit Fell abgöttisch. Das tue ich sicherlich auch,  sie habe ich aus Nanus erstem Wurf auserwählt, es ist aber jetzt eine Liebe auf Distanz, und auch das muss möglich sein, ich will es so für diesen besonderen Hund.